Der Edelhof / Das Hofgut  


„Zum Edelhof“ – so heißt eine Gastwirtschaft in Ulfa - und jeder Dorfbewohner wird sie sicherlich kennen. Der Name „Edelhof“ bezieht sich auf die Vergangenheit und sagt es schon aus = früher war dieses Anwesen über Jahrhunderte der Hof eines „Edlen“, eines Adligen. Erstmals erwähnt wurde der Hof im Jahre 1359 und als Wasmutshof bezeichnet. In diesem Jahr erhielt die Familie „von Heiligenberg“, die sich auch „von Ulfa“ oder „von Helgenberg“ nannten, von Graf Gottfried VII. von Ziegenhain „eine Kemenate, einen Hof und Land zu 6. Pferden, der Wasmutshof genannt, eine Schäferei mit 150 Schafen und 7 Hofreiden zu Ulfa“ als Lehen. 

Wir können es zwar nicht belegen, aber es kann nur so sein, dass diese Güter aus dem Erbe des Ulfaer Ritters „Guntram III. von Ulpha“, der in der Zeit zwischen 1304-1306 starb, stammten. Ein Teil des Besitzes erbte seinerzeit Eberhard Schenk zu Schweinsberg, der den  Besitz innerhalb der Familie zu Schweinsberg im Jahre 1308 verkaufte. Ein anderer Teil des Erbes ging an die Adelsfamilie „Von Cronberg“, aus welcher Guntrams Ehefrau Jutta stammte. Wie nun der Ziegenhainer Graf in den Besitz der Güter kam, ist noch unbekannt.

In den Folgejahren bis um ca. 1445 hatten die „von Heiligenberg“ das Lehen und den Gutshof inne. Die Nachkommen in der Familie gingen nach Laubach, Hungen und Gelnhausen.  Danach erhielt „Kurt von Schlüchtern gen. Catzenbiß“ (auch Katzenbeiß) den gesamten Besitz als hessisches Erblehen. 1498 „belehnt Landgraf Wilhelm (III.) die Herren Sittich und Ulrich von Schlüchtern gen. Katzenbiß mit der Kemenate zu Ulfa samt Zubehör sowie all dem, was Kraft von Ulfa d. Ä. und danach seine Söhne Hen, Erwin und Kraft  und dann die Vorfahren Sittichs und Ulrichs zu Lehen trugen.“

1515 – Nun erhielt Ulrich (II.) das Lehen zu Ulfa alleine. Sein Bruder Sittich wurde nicht erwähnt, insofern kann vermutet werden, dass Sittich evtl. verstorben war und dies der Grund für die Änderung war. Nach Ulrich II. übernahm Christoph von Schlüchtern das Lehen, welcher Anfang 1582 starb. Sein Sohn Konrad (Chunrad) konnte das Erblehen nicht übernehmen, da er wohl schon vor 1582 gestorben war. Nach dem Ableben von Christoph fiel das Gut wieder an den hessischen Landgrafen, nun Georg I., zurück. Danach verwaltete der hiesige Schultheiß Salomon Wiederholt das Gut und setzte Johannes Knoblauch, Simon Heß, Heinrich Knoblauch, Enders Bünzel und Heinz Rubersburg als Bewirtschafter ein.

Am 10.5.1584 vergab der Landgraf die Hälfte des Gutes, zu Landsiedelrecht an die Landscheider (Geometer) Johann Heinrich Knobloch und Paul Wagner als Lehen, sehr wahrscheinlich als Lohn für die ab 1577 geleistete Arbeit als Landmesser. 1595 wurde der Name Heinz Emmerich als Pächter des „Catzenbeiß-Lehen“ genannt; dieser verstarb jedoch bald. 1605 bewarb sich Hen Göbhardt aus Borsdorf um das Lehen.

Im Jahre 1631 ergab sich nun eine große Änderung in den Eigentumsverhältnissen – Landgraf Georg zu Hessen vereinbarte am 26. Juni 1631 mit Hanß Reinhard Schütz von Holtzhausen, seinem Oberforstmeister zu Stornfels (vorher Bingenheim), einen Tausch von Besitzungen. Der Landgraf tauschte sein Ulfaer Hofgut, das ehemalige „Catzenbeißische Gut“ mit allen zugehörigen Ländereien und Rechten, wie sie vorher die „Catzenbeißen“ innehatten, gegen ein Anwesen mit Scheunen, Ställen und Gärten, sowie einem Baum- und Lustgarten und verschiedene Landstücke in und um Darmstadt. Der Tauschpreis für die Ulfaer Güter betrug 12.000 Gulden Frankfurter Währung. 

1665 wechselte das Ulfaer Hofgut gleich zweimal den Besitzer. Hanß Reinhard Schütz von Holtzhausen war schon vor 1640 kinderlos verstorben. Nach seinem Tod kam das Gut durch Erbschaft in das Eigentum derer von Haubitz. Von den Haubitz-Erben kaufte der Landgraf von Hessen dieses Gut am 20. Sept. 1665 wieder zurück. Am 30. Oktober gleichen Jahres erwarb Oberforstmeister Jost Rau von Holtzhausen das „Catzenbiß’sche“ Gut. Er hatte von seinen Eltern hohe Forderungen an verschiedene Landgräfliche Ämter erhalten und den Landgrafen zum Ausgleich um das Gut ersucht. Sollte das Gut jedoch wieder zum Verkauf kommen, so hatte sich der Landgraf das Vorkaufsrecht, wie schon 1631, vorbehalten.

1697 wird das Gut von Leibgardemajor und Rittmeister Johann Rudolf von Pretlack erworben. Von Pretlack wurde 1668 in Melde geboren und kam als junger mittelloser Offizier nach Hessen. Durch erfolgreiche Vermählung und spekulativem Umgang mit Geld und Grundbesitz kam er zu beachtlichem Erfolg und Vermögen. So war wohl auch der Wasmutshof nur Spekulation, denn bereits 1700 erwarb Generaladjutant Georg Friedrich Leopold von Steinwehr das Gut zu Ulfa als Witwensitz für seine Mutter, welche jedoch bereits 1702 verstarb. Von Steinwehr hatte sich im Jahre 1704 mit der Erbin Johanna Dorothea von Dießenbrock verheiratet und seinen Wohnsitz auf dem Wasserschloss Marck in der Grafschaft Tecklenburg/Westfalen genommen, welches seine Gattin als Mitgift mit in die Ehe gebracht hatte. Von Steinwehr veräußerte das entbehrlich gewordene Gut in Ulfa im Juni 1704 an die Gräfin Witwe Anna Elisabeth von Wittgenstein und ihre Schwester Alletta von Rowelly. Der Kaufpreis betrug 14.000 Gulden, davon wurden 6.000 Gulden in bar bezahlt. Es folgten Prozesse wegen des restlichen Kaufpreises und des recht komplizierten Geflechts von Schuldverschreibungen und Verpfändungen. 1710 wurde das Gut nun erneut von General Johann Rudolf von Pretlack für seinen Bruder Jost Ludwig von Pretlack gekauft. Der Kaufpreis betrug 6.000 Gulden wovon noch fällige Schuldzinsen und Kosten in Höhe von 4.700 Gulden abgingen, so dass noch 1.300 Gulden bezahlt wurden.

Jost Ludwig von Pretlack heiratete am 17.03.1713 in Darmstadt Dorothea Juliane von Weitolshausen-Schrautenbach, die 16-jährige Tochter eines Generals. Als Jost Ludwig von Pretlack im Jahre 1717 starb, ging der Besitz wieder an Rudolf von Pretlack über. Das Gut wurde danach von seinem Schwager Christian August von Bernsdorff verwaltet. Es soll sich dann in einem schlechten Zustand befunden haben.

Nach zwei im Original erhaltenen Vertragsurkunden vom 16. und 21. Okt. 1732 verkaufte Johann Rudolf von Pretlack seine gesamten Güter und Gefälle in den Ämtern Bingenheim und Stornfels, das ihm gehörende Burggut in Echzell, den Häuserhof, das adlige Freigut in Ulfa, den Zehnten in Langd, das Schütz´sche Gut in Echzell und das vordem Helfman´sche Gut in Mainzlar. „Susanne von Steinwehr, geb. Rau von Holzhausen“ war eine der Käufer. Weitere Güter und Gefälle erhielt zunächst der Landgraf Ernst Ludwig, welche dann aber an den Darmstädter Hofkammerrat Johann Joachim Ackermann gingen. Der Kaufpreis für die gesamten Besitzungen betrug 112.000 Gulden, davon wurden nur 34.000 Gulden in bar bezahlt. Die Restschuld wurde mit bestehenden oder neu errichteten Hypotheken verrechnet. Inwieweit es sich dabei um einen echten Verkauf, der zum Teil später wieder zurückgenommen wurde, handelte oder nur eine Art Pfandverschreibung im Rahmen der schwer durchschaubaren Geldgeschäfte des Joh. Rudolf von Pretlack war, wird wohl verborgen bleiben. Als der General Johann Rudolf von Pretlack am 07. Nov. 1737 in Rimborn starb, gehörten die Güter in Echzell wie auch die anderen Wetterauer Güter jedenfalls eindeutig zu seiner gewissenhaft inventarisierten Hinterlassenschaft. Das Freigut Ulfa, Langd und Echzell sowie der Häuserhof waren im Testament für den noch unmündigen zweiten Sohn Friedrich von Pretlack, welcher noch unter der Vormundschaft seines älteren Bruders stand, bestimmt. Friedrich von Pretlack soll ein leichtsinniges und bewegtes Leben geführt haben. Er starb 1782 in Wetzlar. Der verbliebene Pretlackbesitz, darunter auch das Gut in Ulfa, fiel an die minderjährigen Söhne seines Bruders, des Generals Ludwig Christian von Pretlack.

Einer der Söhne, Karl von Pretlack erhielt das Gut in Ulfa und vererbte es seiner Tochter Karoline etwa um 1815, die sich mit dem Legations- u. Konsisterialrat Wilhelm von Harnier, der aus einer angesehenen Kasseler Hugenottenfamilie stammte, vermählte. Wilhelm von Harnier war im Nebenberuf einer der begabtesten Maler und Zeichner der Darmstädter-Romantiker-Schule.

Die Eheleute Wilhelm und Karoline von Harnier fielen 1838 im Abstand von wenigen Wochen der Lungenschwindsucht zum Opfer. Ihre 3 Kinder Mathilde, Adolf und Wilhelm jun. von Harnier waren damals noch nicht volljährig. Erst 1849 übernahm Adolf von Harnier das mit 30.000 Gulden geschätzte Gut in Ulfa. Er hatte inzwischen eine vorzügliche landwirtschaftliche Ausbildung durchlaufen. Sein maßgeblicher Lehrer war Heinrich Wilhelm Pabst, der Begründer und erste Sekretär des Landwirtschaftlichen Vereins für das Großherzogtum Hessen.

Am 13. Oktober 1902 kaufte die Großherzogliche Gemeinde Ulfa den Gutshof von Baron von Harnier aus Echzell. Ein Teil des zugehörigen Landes wurde meistbietend an hiesige Landwirte versteigert. Das Hofgut wurde in zwei Parzellen aufgeteilt, wovon ein Teil die heutige Gaststätte „Edelhof“ ist. Auf dem anderen Teil steht heute unsere Schule, das Backhaus und die Gemeindescheune. 


Quellen: Staatsarchiv Darmstadt, Stadtarchiv Nidda, private Unterlagen und Auskünfte v. Inge Koch (Enkelin v. H. L. Gottwals). Text: Günter Stahnke, 2019