Ulfas Burgen
In Ulfa eine Burg ? – oder gar zwei ? - man mag es nicht glauben, da es keine Burgruine oder andere Überreste gibt. Nähern wir uns diesem Thema, so stoßen wir zunächst auf die Flurbezeichnungen „Alte Burg“, früher auch „Burgköppel“ genannt und im Osten des Dorfes gelegen, sowie die „Burgwiese“, die „Burgkeller“ und „Burggärten“, welche wir im Nordwesten von Ulfa finden. Diese Flur- bzw. Gebietsbezeichnungen deuten schon darauf hin, dass es in Ulfa einst eine Burg auf dem „Burgköppel“ gab und diese Flächen zur „Burg“ gehörten. Ob der Ulfaer Adel in dieser Burg lebte oder ob es nur eine Schutzburg für Tier und Mensch bei Gefahren war, lässt sich nicht mehr ergründen. Letzteres ist jedoch am wahrscheinlichsten, denn wäre es eine bewohnte Anlage gewesen, hätten sich doch zumindest Teile von Mauerresten und Fundamenten erhalten. Auch fand man keinen Brunnen oder eine Quelle, welche zur Wasserversorgung hätte dienen können. Es ist daher auch anzunehmen, dass es sich um eine „Holzburg“, deren nicht sehr großes Areal mit Holzpfählen oder Stämmen umgeben war, gehandelt hat und zeitlich sicher in die Zeit um das achte Jahrhundert n. C. einzureihen ist. Frühere Untersuchungen des Gebietes sind leider nicht sehr ergiebig gewesen und nicht weitergeführt worden. Heute sind solche Untersuchungen nicht mehr machbar, da das Gebiet bebaut wurde.
Nach früheren Berichten und den Ausarbeitungen von Geheimrat Freiherr Gustav Schenk zu Schweinsberg (gestorben 1922) soll hier in Ulfa das Stammgut / die Stammburg des Adelsgeschlechtes derer „von Ulfa“ und „von Schweinsberg“ gelegen haben. Freiherr Gustav Schenk hatte sich eingehend mit dem Stammbaum seiner Familie beschäftigt und Stammtafeln dazu ausgearbeitet. Aus dem Stamm „von Ulfa“ sollte auch die Linie „von Schweinsberg“ sowie die „Vögte zu Fronhausen“ abstammen. Dies wurde jedoch nach späteren Forschungen und Erkenntnissen revidiert – die Ulfaer und Schweinsberger Linien entstammen danach dem Stamm derer „von Marburg“.
Neben Freiherr Gustav Schenk befasste sich auch Oberstleutnant Freiherr Eduard Schenk zu Schweinsberg eingehend mit der Familiengeschichte und der Verbindung zu Ulfa. Freiherr Eduard Schenk war bei einer Ausgrabung auf der alten Burg am 12. Dezember 1922 dabei und fertigte einen Lageplan der Ulfaer „Stammburg“ an. Er gab hierzu die nachfolgende Erläuterung:
„Die Burgstelle liegt auf einer kleinen ca. 15 m hohen Basaltkuppe, die den südlichen Abschluß eines Höhenzuges bildet, der sich hart östlich des Dorfes Ulfa von Nordosten nach Südwesten erstreckt. Die Kuppe ist von dem Höhenzug durch eine scharfe Geländeeinschnürung getrennt; ihr Westabhang hat starken Steilabfall, im Süden und Osten hat sie mäßige Böschung. An einzelnen Stellen tritt der Basaltfels zu Tage. Die Kuppe ist mit einer künstlichen Anschüttung von Erde und Steingeröll auf ihrem oberen Teil bedeckt von 2 m Höhe. Unterer Umfang der Anschüttung 130 Schritt. Von der früheren Burg sind keine Überreste mehr zu erkennen. Die Ausgrabung auf der „Alte Burg“ am Nordrand, hat das Profil eines Grabens freigelegt, dessen Verlauf sich durch eine flache Geländevertiefung feststellen ließ. Die Breite des Grabens beträgt 8 m, seine Tiefe 1,50 m. Er ist in den Felsen gehauen. Seine Böschungen sind senkrecht. Böschung und Sohle des Grabens sind sorgfältig bearbeitet. Flach behauene Steine ohne Mörtelverband in der Escarpenseite der Sohle lassen annehmen, dass die der Burg zugekehrte Grabenböschung durch eine Trockenmauer erhöht war. Einzelne Tonscherben in Tiefe von 1 m und 0,75 m wurden auf das 12. und 13. Jahrhundert geschätzt.“
Über diese Ausgrabung wurde seinerzeit im Amtsblatt für den Kreis Schotten sowie auch im Giessener Anzeiger berichtet. Die Familie Schenk zu Schweinsberg äußerte die Absicht, den gesamten Umfang der Burgberingung frei legen zu lassen, wozu es jedoch nicht kam.
Die Zeichnung von Freiherr Eduard von Schweinsberg aus dem Jahre 1922
Von einer weiteren Ausgrabung unter der Leitung von Herrn Frd. Kofler aus Darmstadt wird in den folgenden Jahren (genaues Datum nicht bekannt) berichtet:
„…. begab sich Herr Kofler nach der in der Nähe liegenden Alteburg bei Ulfa, die schon wiederholt der Gegenstand von Untersuchungen gewesen ist, ohne dass man sich darüber klar werden konnte, was die sichtbar künstliche Anlage zu bedeuten habe.
Auf einem dicht vor Ulfa gelegenen, sanft abfallenden Bergvorsprunge sieht man eine zum Teile rundliche Erhöhung von 80 bis 100 Schritt Umfang, die jetzt grösstenteils angepflanzt ist. Ältere Leute behaupten, dass dieselbe ehe sie durch den Anbau die jetzige Gestalt erhielt, auf der Spitze eine kleine runde Erhöhung gehabt habe, die jetzt noch teilweise dort sichtbar ist. Herr Kofler ließ von der Mitte aus bis zum östlichen Rande einen 8,5 Meter langen und 1,5 Meter breiten Graben ausheben und fand, daß der Boden augenscheinlich aus aufgefülltem Grund verwittertem Lungstein und aus Erde bestand. Bei 1,50 Meter Tiefe traf man auf gewachsenen Boden, ähnlich demjenigen in den nahen Wäldern. 1,85 Meter von der Mitte entfernt stießen die Arbeiter auf feste nebeneinander liegende Steinplatten, zum Teil 1 Meter Länge und 60 Zentimeter Breite bei einer Stärke von 20 Zentimeter. Obschon es nicht unmöglich wäre, dass man auf die Felsmassen des Berges gestossen sei, so nahmen doch die zahlreichen der Ausgrabung Beiwohnenden den Eindruck mit, dass man es hier mit einer künstlichen Steinsetzung ohne Mörtel und wahrscheinlich mit einem Grabe zu tun habe. Schwere anhaltende Regen verhinderten die Fortsetzung der Arbeit.“
Bedenkt man, dass eine in Urkunden erwähnte Windmühle auf der Anhöhe im Osten des Dorfes gestanden hat, so könnte man zu dem Schluss kommen, dass die in dem Bericht erwähnte „kleine runde Erhöhung auf der Spitze“ das Restfundament der Windmühle war. In welcher Zeit nun unsere „Alte Burg“ erbaut wurde und dann wieder verschwand, bleibt ungeklärt. Wahrscheinlich war sie schon zur Zeit der Erwähnung des Ulfaer Adels im 12./13. Jahrhundert in schlechtem Zustand oder gar verfallen und könnte zum Neubau der Stornfelser Burg geführt haben. Die Stornfelser Burg wurde, nachdem die Güter des erloschenen Ulfaer Adels 1306 verteilt bzw. verkauft waren, 1353 erstmals urkundlich erwähnt und später mit „ Zu Stornfels, der alten Burg von Ulfa“ bezeichnet. Der Gedanke, daß die Stornfelser Burg Ende des 13./Anfang 14. Jahrhundert als Sitz des Guntram de Olpho gedient haben könnte, ist nicht belegt und wohl zu verwerfen, zumal dieser Guntram ja Burgmann in Grünberg und 1306 schon verstorben war.
Auf Grund der Flurbezeichnungen Burgfeld, Burgwiese, Burgkeller und Kolbendenser/tänzer die im Westen und Nordwesten von Ulfa liegen, wurde in einer früheren Darstellung die Vermutung geäußert, daß auch dort eine Burg (derer „von Kolbendensel“) gestanden haben könnte. Da sich diese Vermutung durch alte Schriftstücke, Mauerreste oder Geländeformationen nicht erhärten lässt und nur auf den Flurbezeichnungen beruht, ist es doch eher sehr unwahrscheinlich, daß sich dort noch eine weitere Burg befunden hat. Die „von Kolbendensel“ kommen im 13. und 14. Jahrhundert vor, waren Ritter und hatten ihren Sitz in Bellersheim; dies belegt auch die Umschrift des Siegels von 1299: „S.WERNERI COLINDINSL D BELDIRSH“. Sie hatten Landbesitz in Ulfa, welchen sie wohl von den Ganerben des „Frank der Lange von Cronberg“ erworben hatten. Frank der Lange hatte Besitztum zu Ulfa von Jutta von Cronberg, die mit Ritter Guntram von Ulfa verheiratet war, geerbt. Die vorgenannten Flur-/Gebietsbezeichnungen lassen sich somit auf die Eigentums-verhältnisse zurückführen und begründen nicht die Annahme, daß die Kolbendensel hier ansässig waren und hier evtl. eine weitere Burg gestanden hätte. Auch die Bezeichnungen „Burgwiese, Burgfeld und Burgkeller“ spiegeln die Eigentumsverhältnisse, nämlich zum Adel gehörig, wieder. Unweit von diesen Grundstücken liegt das ehemalige Landgräfliche Hofgut, welches um 1330/40 aus dem Erbe des Ulfaer Ritters an den Landgrafen kam. Dies bildete mit dem Stornfelser Schloß (oder Burg) eine Einheit, wie man aus den Landgräflichen Lehensbriefen ersehen kann. Das Hofgut, früher eine Einheit aus dem heutigen „Edelhof“, der Schule, dem Schulhof und der ehemaligen Bürgermeisterei, grenzte ja fast direkt an die Grundstücke der vorgenannten Flurstücke. Auch die alte Schule, auf der anderen Straßenseite, mit Lehrerhaus und Garten gehörte zum Hofgut. Die Namen Burgkeller und Burgwiese lassen sich also damit erklären, dass sie „zur Burg“ gehörten.
Wie vorstehend erwähnt erfolgte die erste Erwähnung des Schloß Stornfels in einer Urkunde von 1353, als Graf Gotfried von Ziegenhain das Schloß dem Abt und dem Kloster Fulda öffnete und es als Lehen zurück erhielt. In dieser – an einem Dienstag „nach dem achzenden Tage unseres Herrn“, also am 15. Januar abgefassten Urkunde – öffneten „GOTFRID junger Grefe zu CYGENHAIN und AGNES unser eliche Husfrowe“ ihr „eygen Slotz Sturmfels und was darzu gehoret“ dem „Erwirdigen in Gote Vater und Herren, unserem Herren, Herren HEINRICHE Apte zu Fulde und sime Styffte dasselbe vnser Hus und Slocz und was darzu gehoret“.
1353 wird dann Heinrich von Brende, „gesessen zum Neuhof“, als Edelknecht und Burgmann zu Stornfels genannt; und am 17. August 1359 wird Crafft von Ulfa Erbburgmann des Grafen Gottfried von Ziegenhain zu Stornfels. Die Burg Stornfels „versetzte“ der Graf von Ziegenhain 1367 den „Weisen von Fauerbach“ (Familie Weise). Im Jahr 1398 wurde die Burg von „Otto von Steinau“, genannt Steinrück, erobert und „Henne Weise“ gefangen genommen. Der Eroberer setzte sich in Besitz von dessen Hälfte und um sich aus der Gefangenschaft zu befreien, musste Henne Weise die auf seiner Hälfte ruhende Pfandsumme zahlen. Er vermochte dies jedoch nicht aus eigenen Mitteln und bewog deshalb eine Anzahl Personen den größeren Teil der Summe vorzulegen, wogegen diese im Verhältnis zu den von ihnen vorgelegten Beträgen in den Pfandbesitz seiner Schlosshälfte traten. Graf Philipp von Nassau-Saarbrücken und Philipp von Falkenstein erhielten gemeinsam ein Viertel. Im Jahre 1399 errichteten sämtliche Teilhaber einen Burgfrieden. Nach dem Erlöschen der Falkensteiner Familie kam deren Stornfelser Anteil am 28. Mai 1420 an den Grafen Johann von Solms. Die Pfandschaft bestand noch, als die ziegenhainischen Besitzungen an Hessen übergingen und wurde erst vom Landgrafen abgelöst.
Mit dem Tode des Grafen Johann II. von Ziegenhain und Nidda im Jahre 1450 ging mit Einverständnis der Äbte von Fulda und Hersfeld die Grafschaft Ziegenhain-Nidda, wozu auch Stornfels gehörte, auf den Hessischen Landgrafen Ludwig I über. In der Folge wurde dann Stornfels Sitz eines landgräflichen „Amt“. Später wurde das Schloss auch als Zehntscheune genutzt und 1837 zur Kirche umgebaut.
Text: Günter Stahnke, 2019
Quellen:
Dr. Carl Knetsch, 1925;
Archiv f. Hess. Altertumskunde u. Geschichte, Darmstadt, 1909; AHG Bd. 5 IV S 139 ff, 1846;
„Buchenblätter“ Nr. 9, 1991, Fuldaer Geschichtsverein;
Hess. Jahrbuch f. Landesgeschichte 1953