Unsere Schule


Die Vermittlung von Wissen und Können an die jüngere Generation begleitet uns Menschen schon immer. Im Altertum und Mittelalter war dieses Wissen jedoch nicht jedermann zugänglich, denn Schulen für Alle, wie wir sie heute kennen, gab es nicht. Wer es sich leisten konnte, ließ sein Kind in einem Kloster oder von Privatlehrern unterrichten. Der „Normalbürger“ konnte das nicht bezahlen und hatte somit diese Möglichkeiten nicht. Mit Beschluss der Einführung der Reformation in Hessen auf der Homberger Synode am 20. Oktober 1526 wurde auch die landesweite Einführung von Schulen in Hessen beschlossen. In Kapitel 30 der Beschlüsse heißt es:

 „In allen größeren sowohl als kleinen Städten und in den Dörfern sollen Schulen sein, in welchen die Knaben in den Elementarlehren und im Schreiben solange unterrichtet werden, bis die, welche es wollen, zum Studium in Marburg befähigt, dorthin zur höheren Ausbildung sich begeben. Und wenn hier und da in den Landschulen ein vollständiger Elementarunterricht unmöglich ist, so sollen wenigstens die Bischöfe oder ihre Gehilfen den Unterricht im Lesen und Schreiben erteilen. Die Gemeinden sollen aber nur Taugliche zu diesem Geschäft erwählen, solche, die auch zum Wohlverhalten und zum Fleiß die Knaben anzuhalten vermögen. Dagegen soll auch für ihr völliges Auskommen gesorgt werden, damit sie ungehindert sich diesem Geschäft ganz widmen können, und die Visitatoren und Bischöfe sollen darüber wachen, da nicht wenig, sondern gar viel darauf ankommt, dass die Jugend der Gläubigen auch guten Unterricht erhält.“ 


Dies war der Beginn unseres allgemeinen Schulwesens, welches zuerst jedoch nur für die Knaben galt. Anfangs wurde der Unterricht, zumindest in Lesen, Schreiben und Rechnen von den Pfarrern übernommen, da es an Lehrern fehlte. Eine erste örtliche Nachricht findet sich im Jahre 1605. Damals war Johannes Mollius (Moll) Lehrer in Ulfa (erwähnt in den Jahren 1605 bis 1630). Nach einem Bericht der Generalkirchenvisitation von 1628 bestand die Entlohnung des damaligen Schulmeisters Johannes Mollius  zu einem großen Teil auch aus Naturalien wie Brot, Getreide und Früchten. Mollius klagte über die ungerechte Zuteilung, die dann auch durch Beschluss der Generalkirchenvisitation abgestellt wurde. Wörtlich steht geschrieben:

 „Zum Achtzehenden hat der Glock- und Schuldiener geclagt, daß ihm sein Gebühr von den Nachbarn so gar untrewlich gereicht werde, daß deren theils wohl zwey oder drey Jahr zusammen kohmen lassen, oder doch sonst gantz ubel gebacke oder sehr klein und von etzlich Pfunden zu leicht Brodt lieffern auch die Fruchtsichling so lang verwegern, biß sie dieselbige in die Scheuern bringen und wohl ausgetreten haben. Derowegen nuhn und damit fernere Clag vermitten pleib, sollen die Nachbarn die gebührende Sichling auff dem Feld oder doch, sobald sie dieselbe nach Haus gebracht, zu geben, auch die Leib Brodt zu rechtet Zeit in rechter Schwere dem Herkohmen nach zu entrichten schuldig sein, und sollen die Beampten dem Glock- und Schuldiener hierin und daß er sein sawer verdienten Lohn derogestalt bekohmen möge, die hülffliche Hand bieten und die Nachbarn mit Ernst dazu mahnen“.


Man möge bedenken, dass dies in der Zeit des 30-jährigen Krieges war, wo überall geraubt, gefoltert, gemordet und gebrandschatzt wurde. Auf Mollius folgte vom Jahre 1637 bis 1639 Johannes Wolfius (Wolf), dem während des 30-jährigen Krieges von hatzfeldischen Truppen arg mitgespielt wurde. Im Kriegsschadenverzeichnis von 1639 steht: „Der Johannes Wolfius, Schulmeister zu Ulff, wurde von den hatzfeldischen Truppen ganz bloß mitgenommen, und was ihm in dem Haus genommen ist, der Schaden betrug 12 Reichstaler“. Der Schaden für das geraubte Gut wurde ihm dann auch mit 12 Reichstalern ersetzt. Lehrer Wolfius kehrte jedoch noch im Jahre 1639 Ulfa den Rücken und wurde im selben Jahr in Langendiebach Pfarrer. Als Ersatz für Wolfius kam 1639 Wilhelm Appel als Schulmeister nach Ulfa und blieb bis zum Jahre 1644. In der Ulfaer Schule wurden auch die Kinder des Filialdorfes Stornfels unterrichtet. 1694 erhielt Stornfels dann eine selbständige Schulstelle.


Die Lehrer Ulfas waren verpflichtet, wie dies in anderen Orten meist auch üblich war, neben dem Schuldienst auch den Glöcknerdienst zu versehen, sowie als Vorsänger oder Kantor den Gesang bei Gottesdiensten zu führen. Als im Jahre 1723 eine Kaplanei errichtet wurde, die schon 1731 wieder einging, wurde der Schuldienst mit der Kaplanei und dem Organistendienst verbunden. Aus dieser Zeit ist leider nicht bekannt, ob es ein Schulhaus gab oder in welchen Räumen Unterricht erteilt wurde. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Neubau eines Schulhauses in Angriff genommen. Das passende Gelände in der Nähe der Kirche und zentral gelegen, war jedoch in Händen der adeligen Gutsbesitzer. So wurde im Oktober 1850 mit den Erben des Generalleutnants von Prettlack wegen Abtretung/Verkauf des Grundstücks für diesen Schulneubau verhandelt. Da diese das Grundstück jedoch nicht abgeben wollten, ging die Sache vor Gericht und wurde zu Gunsten der Gemeinde entschieden. Somit war der Weg für den Schulneubau an dieser zentralen Stelle des Ortes frei.


Am 7. Dezember 1852 finden wir eine Bekanntmachung der Gemeinde:

Dies dokumentiert, dass die Schule zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertig gebaut war. Das Gebäude erhielt im Erdgeschoss 2 Klassenräume und im Obergeschoss war wohl zumindest eine Lehrerwohnung untergebracht. 1853 wurde das Gebäude außen verputzt; wann erstmals darin unterrichtet wurde ist nicht bekannt.

altes Schulgebäude

Im Jahr 1855 wurde dann eine zweite Schulstelle eingerichtet und die Klassen in Unter- und Oberstufe aufgeteilt. Der ersten Schulstelle, mit Lehrer Johann Diegel, wurde auch das Amt des Kantors, Organisten und Glöckners zugewiesen. Die zweite Schulstelle hatte Johann Heinrich Döll inne.


Im Jahr 1874 wurde im „Anzeige-Blatt für den Kreis Schotten“ eine Aufstellung der Lehrer mit „Dienstalterszulagen“ und deren Höhe veröffentlicht. Lehrer Diegel erhielt jährlich 150 Gulden und Lehrer Würtenberger 100 Gulden als Zulage. Das Wort Datenschutz gab es wahrscheinlich noch nicht, aber doch eine gewisse Transparenz bei öffentlichen Bezügen. In diesem Jahr gab es auch eine Verfügung zur Anschaffung von neuen Schulbüchern.


Im Mai 1883 wurde ein Plan zur Erbauung eines Abortgebäudes erstellt. Daraus ist ersichtlich, dass sich zwischen Schule und Lehrerhaus ein ca. 1,5 bis 2 Meter hoher Grabgarten befand, welcher auch noch um 1940 vorhanden war.

1905 schreibt die Kreis-Schulkommission Schotten: „Die Reinigung Ihrer Schule ist ungenügend. Sie wollen der hiermit beauftragten Person eröffnen, daß wir einen Abzug an ihrer Vergütung verlangen müssen, wenn für die Folge die Reinhaltung der Schulräume nicht entsprechen sollte.“


1906 finden wir in den Gemeindeunterlagen wieder Pläne und den Beschluss zum Neubau eines Abortgebäudes. Wahrscheinlich wurde die bestehende Anlage erweitert und saniert. Übel riechend und ohne Wasseranschluss mussten die Schüler/innen dieses „Örtchen“ bis in die 60er Jahre letzten Jahrhunderts ertragen.

Einschulung 1931 mit Lehrer Ludwig Magnus

In der Zeit der Nationalsozialisten galten auch für Kinder strenge Vorschriften – so durften diese im Winter nach 17 Uhr nicht mehr auf die Straße. Auch mussten sie den Lehrer im Dorf mit dem Hitlergruß grüßen, sonst bekamen sie zwei Ohrfeigen. Während der  Kriegszeit wechselten die Lehrkräfte mehrfach.


Nach dem Kriege nahm Lehrer Alfred Berger den Schulbetrieb in Ulfa wieder auf. In Folge der hohen Schülerzahl durch die Flüchtlingskinder musste improvisiert werden. Im Obergeschoss der Schule wurde vorübergehend eine weitere Klasse eingerichtet, wozu Bänke, Tische, Hocker und Bretter aus den Gaststätten „Edelhof“ und „Zur Linde“ ausgeliehen wurden. Auch im Konfirmandensaal wurde teilweise Unterricht erteilt. Die Schülerzahl war im Jahr 1950 auf 185 Kinder angestiegen.


Fast genau 100 Jahre nach dem Bau der Schule wurde im Jahr 1951/52 ein weiteres Schulgebäude errichtet welches den Unterricht dann in 4 Klassenräumen ermöglichte. Das „neue“ Schulgebäude steht auf dem Gelände des ehemaligen Gutshofes und wurde direkt an die daneben stehende Bürgermeisterei gebaut. Zuvor hatte an der Stelle des Schulneubaues das alte „Hirtenhaus“ des Gutshofes gestanden, welches jedoch wegen Baufälligkeit abgebrochen worden war.

Das neue Schulgebäude (Steinstraße 10) erhielt 2 Schulsäle (für je 2 Schuljahre), ein Lehrerzimmer, ein Lehrmittelzimmer, einen Gruppenraum sowie Dusch-/Bade- und Toilettenräume. Die Badeanlage hatte 4 Brausen und zwei Badewannen, die der Bevölkerung und den Vereinen zu bestimmten Zeiten zur Verfügung standen. Der Kostenvoranschlag für den Neubau belief sich auf 82.000,- DM. Finanziert wurde der Bau durch das Land Hessen, den Landkreis Büdingen und die Gemeinde Ulfa. Den Bauplan fertigte Baurat Trupp vom Staatsbauamt Büdingen, welches auch die Bauleitung übernahm. 


Am 15. Febr. 1953 wurde die Schule feierlich eingeweiht und am 16. Februar vollzog sich der Umzug der beiden Oberklassen in die neuen Räume, in denen sich die Kinder äußerst wohl fühlten. Zu dieser Zeit hatte die Schule insgesamt 163 Schüler/innen. An Ostern 1953 wurden aus der Schule 27 Kinder entlassen. Dafür wurden 18 Schulneulinge aufgenommen. Damit sank die Gesamtschülerzahl auf 154 Kinder.


Unter dem Datum 8. Juli 1953 berichtet der Schulleiter von einem Ausflug nach Frankfurt und dass eine 13-jährige Schülerin nach kurzer Krankheit im Hochwald-Krankenhaus zu Bad Nauheim verstorben sei. Sie wurde zwei Tage später am 10. Juli 1953 nachmittags 13.30 Uhr auf dem hiesigen Friedhof beigesetzt. Die Schüler hatten es übernommen, ihrer Ruhestätte einen würdigen Blumenschmuck zu geben. Um ihren Sarg wurde eine Fichtengirlande gewickelt. Außerdem legten die Schüler einen kleinen Betrag zusammen zwecks Anschaffung eines Kranzes, welchen der Klassenlehrer und der Schulleiter niederlegten. Auch die Schulkameraden, mit denen die Verstorbene vor Ostern 1953 den Klassenverband teilte, ließen es sich nicht nehmen, ihrer durch einen Kranz zu gedenken. Die Oberklasse sang zwei Lieder: 1. „O, Welt ich muss dich lassen“ beim Haus und 2. am Grab „Christus, der ist mein Leben“.


1955 wurden erstmals Elternbeiräte und Elternabende erwähnt, letztere fanden in einer örtlichen Gastwirtschaft statt.


1957 - gründete der Elternbeirat einen Fördertopf; es wurde pro Kind eine monatliche „Elternabgabe“ von 0,50 DM für Unterrichtsmaterialien eingesammelt.


1960 - Ende März ging Schulleiter Otto Ludwig in den Ruhestand und Lehrer Preiß wurde mit der Schulleitung beauftragt; im April 1961 wurde er dann zum Schulleiter ernannt.


1969 - übernahm der Wetteraukreis die Schulträgerschaft von der Gemeinde.


1972 - ab März besuchten die Kinder der 5. u. 6. Klasse die Schule in Nidda. Klasse 7 und 8 verblieben noch ein Jahr als Hauptschüler in Ulfa.


1973 - Ab dem Schuljahr 1973/74 wurde aus der ehemaligen Volksschule Ulfa eine reine Grundschule – nur noch mit den 4 ersten Schuljahrgängen. Dies waren noch 75 Kinder.


1982 - Nach längerer Krankheit versetzte man Schulleiter Preiß zum 30.11.1982 in den Ruhestand. Frau Starein übernahm mit dem Schuljahr 1982/83 die Schulleitung.


1986 – wurden die Ölöfen in der neuen Schule durch eine Ölzentralheizung ersetzt; die Ölöfen in der alten Schule blieben. Laut Schulentwicklungsplanung des Wetteraukreises wurde über eine Verlegung der Klasse 3 und 4 nach Nidda diskutiert. Erst 1989 wurden diese Pläne verworfen.


1987 – Frau Starein verlässt die Schule und übernimmt in Ober-Widdersheim die Schulleitung. Die Lehrerstelle und Schulleitung in Ulfa blieb unbesetzt; es gab nur noch 3 Klassen.


1989 – Zum Schuljahr 1989/90 übernahm Dietlinde Brückner die Schulleitung und es gab wieder 4 Klassen.


1990 – Erstmals bekommt die Schule mit dem Mieter im Dachgeschoss des „neuen“ Schulhauses, Kamillus Kroh, einen Schul-Hausmeister.


1991 – Im Schuljahr 1991/1992 gab es wieder nur 3 Klassen.

1994/1995 – wurden in der neuen Schule einige notwendige Renovierungsmaßnahmen durchgeführt; die alte Schule erhielt durch Eigeninitiative der Eltern endlich wieder eine Toilette und alle Klassenräume bekamen ein Spülbecken. 1995 – versetzte man den Eingang der neuen Schule nach rechts, wodurch im Erdgeschoss ein kleiner Gruppenraum entstand. In diesem Jahr übernahm die Schulgemeinde auch eine Patenschaft für ein Kind in Haiti, die u. a. von Einnahmen aus Basaren getragen wird.


1997 – wurde der Schulhof neu asphaltiert und kinderfreundlich umgestaltet.


2000 – Schulleiterin Brückner erkrankte und wurde im Sommer 2001 in den Ruhestand versetzt. Lehrerin Gesine Haus übernahm deren Aufgaben.


2002 – Gesine Haus wird zum 1. Febr. 2002 zur neuen Schulleiterin ernannt. Wieder sollen die Klassen 3 und 4 im Rahmen des Schul(rück)entwicklungsplanes nach Nidda zur Schule geschickt werden. Durch Protest von Bürgern, Vereinen und Sammlung von 600 Unterschriften konnte dieses Vorhaben abgewendet werden. Alle Klassen konnten bleiben und es soll nun ein neues Schulgebäude entstehen, da das alte Gebäude für Schulzwecke nicht mehr geeignet ist und eine Sanierung unwirtschaftlich wäre.


2002 – im Schuljahr 2002/03 gab es 3 Klassen und 3 Lehrkräfte. Die erste Klasse war mit 21 Kindern die stärkste seit etlichen Jahren. 


2003 – im März waren die Planungen für das neue Schulgebäude beendet. Die Bürgermeisterei und das Stallgebäude sollten abgebrochen werden und Platz für den Schulbau machen. Finanziert werden die veranschlagten Kosten in Höhe von ca. 600.000,- Euro vom Wetteraukreis und der Stadt Nidda. Zum Schuljahr 2003/04 gab es wieder 4 Klassen und 5 Lehrkräfte.


2004 – Baubeginn des neuen Schulanbaues war am 16. August. Richtfest konnte am 26. Nov. 2004 gefeiert werden. Das Dach war allerdings zu diesem Zeitpunkt wegen der feuchten Witterung schon gedeckt.


2005 – Der Innenausbau der neuen Schulräume dauerte bis zum Beginn der Sommerferien. Danach begann die Grundsanierung der bisherigen „neuen Schule“ welche bis Ende Herbst 2005 dauerte. Dann konnten auch die Schüler der beiden anderen Klassen die neu sanierten Räume beziehen. Die offizielle Einweihung erfolgte am 20. Jan. 2006.

Der Rohbau von der Rückseite; 2004

Der Schulanbau nach der Fertigstellung im Jahre 2006

2008 – Kaum ist der Neubau fertig und der Altbau saniert, so schön wie nie zuvor, sollte die Schule in Ulfa nun endgültig geschlossen werden!! Dies konnte aber durch den starken Einsatz von Schulleitung, Förderverein und Ortsbeirat verhindert werden. Damit wäre sonst ein wichtiges Stück Lebensqualität und Kulturgut in Ulfa erloschen.



Quellen: Schulchronik Ulfa, Festschrift Lehrer Ludwig 1952, Archiv Stadt Nidda; Text: Günter Stahnke